Die totale Sonnenfinsternis in Indien

24. Oktober 1995


Bericht von Uwe Schmidtmann

Dieser Bericht erschien im Original in der ABBS (Astronomical Bulletin Board System, Heide, Deutschland). Leider hat bei der schnellen Umsetzung von DOS auf Linux die Umlautwandlung nicht geklappt. Falls also noch Fehler im Text sein sollten...


Hallo liebe Sonnenfreunde!

Eigentlich wollte ich, ähnlich Georg Ditti, und Thom Pfleger an dieser Stelle einen Bericht über unsere Reise abliefern. Die beiden oben genannten haben jedoch so gute Arbeit geleistet, daß ich mich darauf beschränken möchte, einige Worte über die Erfahrung der Sonnenfinsternis für einen Newcomer zu verlieren.

 Für mich war die Sonnenfinsternis am 24.10. dieses Jahres die erste SoFi, zu der ich mich aufraffen konnte.

Vor und während der Reise nach Neem Ka Thana war ich eigentlich nicht sonderlich nervös. Auch der letzte Tag vor der Finsternis und die Nacht verliefen ruhig und gemütlich. Der Platz für die Beobachtung wer gesichert, aufzubauen hatte ich nicht viel, da ich mich auf Videoaufnahmen der Finsternis beschränken wollte. Die zu testende und aufzubauende Ausrüstung beschränkte sich bei mir also auf eine Videokamera und ein Stativ. Ich wollte versuchen, die Finsternis zu genießen und die Videoaufnahmen sollten zwar gelingen, hatten aber nicht den absolut höchsten Stellenwert. Es war halt die erste und gleichzeitig eine extrem kurze Sonnenfinsternis, bei der ich mich nicht gleich mit Programm überlasten wollte.

 Gesagt getan - am 24. morgens nüchtern (die Inder hatten, der frühen Uhrzeit wegen, das Frühstück komplett gestrichen und erst ein großes Mittagessen angesetzt) ging es dann zum Beobachtungsplatz. Von dort aus haben wir nach dem Aufbau der Instrumentarien (Russentonne, Flourit, div. Videokameras) den Sonnenaufgang genossen.

 Kurz nach dem ersten Kontakt wurde ich dann jedoch langsam merklich aufgeregter. Mit fortschreitender Bedeckung der Sonne durch den Mond machte sich eine eigenartige Stimmung breit, die nur schwer in Worte zu kleiden ist. Ich habe sie jedenfalls als eine Mischung aus Aufregung, Spannung und der Erwartung etwas ganz besonderem empfunden. Vielleicht ist sogar der Vergleich eines kleinen Kindes angebracht, daß zum ersten Male Weihnachten bewußt erlebt und auf die Geschenke und den Weihnachtsmann wartet. Und das trotz der Kenntnis des Verlaufes, den die Finsternis nehmen würde...

Schließlich ging dann alles furchtbar schnell:

 Jemand schrie: "Da kommt der Schatten!" Ich habe mich daraufhin schnell herumgedreht, konnte den Schatten selbst jedoch nicht erkennen. Dafür habe ich im richtigen Moment wohl den Boden beobachtet, jedenfalls war ich der einzige Mitstreiter unserer Gruppe, der die fliegenden Schatten gesehen hat.

 Aber halt - die Kamera nicht vergessen. Der Filter muß runter! - Also: wieder zurückdrehen und dabei einen Blick auf die Sonne riskieren, "Wow!" rufen und den Filter auf Kommando unseres Captains abnehmen. Nochmal staunen und in die verfinsterte Sonne schauen - nochmal "Wow!" rufen und sich daran erinnern, daß ich eigentlich eine Belichtungsserie mit der Videokamera machen wollte, läßt sich zeitlich nicht mehr so ganz genau trennen. Sicher ist nur, daß ich die Belichtungsserie nur zur Hälfte zu Ende geführt habe, bis mich der dritte Kontakt, den ich in der Aufregung auf dem Video sogar als zweiten Kontakt kommentiert hatte, ereilte.

Immerhin hat die Belichtung ausgereicht, um sowohl einmal die innere und die äußere Korona gut abzubilden. Zwar können die Aufnahmen bei weitem nicht mit denen von Georg konkurrieren, ich möchte jedoch dennoch ein Bild einspielen, daß eine Montage der beiden Belichtungsextreme zeigt. Oben links die innere Korona, mit einer 1/4000 Sekunde aufgenommen, der Hauptteil des Bildes zeigt die äußere Korona mit 1/120 Sekunde Belichtungszeit meiner Videokamera. Leider ist der innere Bereich der Korona und der Mond dabei völlig überstrahlt...

 Beruhigend dabei ist: Die Aufnahmen sind trotz aller Hektik nicht völlig daneben gegangen und das Video beweist durch den Originalton eindeutig, daß auch andere, die bereits mehrere SoFis hinter sich hatten, von der Stimmung nicht verschont blieben und mit diversen Ausrufen für eine nette Tonuntermalung gesorgt haben.


Einen Nachsatz möchte ich an dieser Stelle noch für diejenigen bringen, die durch Georgs und Thoms Berichte angeregt worden sind, einen Urlaub in Indien zu verbringen. Nehmt die Mahnung ernst, möglichst schnell aus dem Moloch Delhi zu verschwinden und meidet die großen Touristenzentren. Für den Besuch der Sehenswürdigkeiten empfehle ich einen Tagesausflug. Übernachten sollte man lieber etwas entfernt auf dem Lande...


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