Brunstein Observatory
Kreiensen, Germany
Fernsteuerung einer ST5
Wie es begann
Während meiner Beobachtungen dachte ich, daß es eine gute
Idee
wäre, die Kamera und möglichst auch die Super Polaris DX
Montierung
von einem warmen Ort aus fernsteuern zu können. Leider liegen
jedoch
Haus und Sternwarte ca. 20 Meter auseinander, so daß eine lange
Monitor-
und Tastaturleitung keine gute Idee wären. Auch eine lange
serielle
Leitung zwischen Kamera und Rechner kamen nicht in Frage. Die einzige
Möglichkeit
war eine Fernbedienung des kompletten Systems über eine
Netzwerkleitung.
Das ist jedoch nicht ganz einfach, wenn man es mit DOS zu tun hat.
Mein erster Gedanke war also, eine einfaches Interface zur Steuerung
der Kamera selbst unter LinuX zu programmieren. Ich fing also an, mit
TCL/TK
und C erste Programmschritte zu machen. Als ich dann die so
zusammengestellte
Oberfläche mit der Möglichkeit, ein Bild von Festplatte
darzustellen,
auf ihre Fernbedientauglichkeit und vor allem auf die Geschwindigkeit
auf
dem damaligen 486er zu testen, stellte ich fest, daß sich auf dem
Sternwartenrechner noch gar kein LinuX befand. Beim Installieren der
LinuX
Distribution fiel mir dann bei dem guten alten DOSEMU eine Option
namens
XDOS ins Auge, die ich von den älteren Versionen her nicht kannte.
Da mir bekannt war, daß die Steuersoftware der ST5 unter dem
DOS
Emulator funktionierte, konfigurierte ich also zunächst den DOSEMU
und testete dessen X11-Unterstützung mit der CCD-Software. Und
hier
machte ich dann die freudige Entdeckung, daß Dank der Verwendung
eines SVGA Interfaces innerhalb der SBIG Steuersoftware
tatsächlich
auch die Grafikmodi der Kamerasteuerung über X11 nutzbar waren -
gut
also, daß ich bis dato noch nicht viel Zeit und Gehirn in die
eigene
Software gesteckt hatte. Dies ist das Ergebnis dieser Entdeckung:
The remote setup
Mein Rechner im Wohnzimmer wird für die Fernbedienung unter LinuX
gestartet und nutzt dann die graphische Benetzeroberfläche X11
(das
"Windows" von LinuX). Eine knapp 30 Meter lange Netzwerkleitung (Koax)
verbindet ihn mit dem Rechner in der Sternwarte (inzwischen auch ein
Pentium
120). Beide Rechner haben dazu einfache NE2000 Netzwerkkarten
eingebaut,
die für wenig Geld zu bekommen sind. Vom Wohnzimmer aus wird ein
Remotelogin
(Befehl rlogin) auf dem Sternwartenrechner ausgeführt, dann wird
dort
der DOS-Emulator mit der X11-Option gestartet.
Wenn beim Login auf dem Sternwartenrechner alle Parameter richtig
gesetzt
sind, leitet der Emulator alle Bildschirmausgaben über das
Netzwerk
ins Wohnzimmer und wird ebenso von dort via Tastatur und Maus bedient.
Die Steuersoftware der ST5 Kamera wird unter dem MS-DOS Emulator
gestartet,
so daß die Software selbst in der Sternwarte läuft und somit
den vollen Zugriff auf die Peripherie des Rechners hat - sie kann also
über die serielle Schnittstelle das Kamerasteuergerät wie
gewohnt
bedienen. Das Bild zeigt den prinzipiellen Aufbau (hier ist allerdings
noch der 486/66 als Sternwartenrechner genannt, dessen Motherboard
inzwischen
gegen einen alten Pentium 120 ersetzt wurde):

Bild 1
Bei diesem Aufbau gibt es derzeit eine Einschränkung: Im
Grafikmodus
werden die Schriften der CCDOPS Software über das X11-Interface
nicht
korrekt wiedergegeben. Damit kann ich jedoch leben, da alle wichtigen
Einstellungen
im Textmodus gemacht werden und die Grafikschriften nur beim
Fokussieren
von Bedeutung sind - und das muß ich nach wie vor in der
Sternwarte
vornehmen. Alle anderen Grafiktexte kann man verschmerzen, solange man
sich mit der Software einigermaßen auseinandergesetzt hat.
Von diesem Erfolg ermutigt, habe ich anschließend noch die
neueste
Version des Windows Emulators (WinE) auf dem Rechner im Wohnzimmer
installiert
und mußte auch hier feststellen, daß inzwischen einige
Software
damit nutzbar ist. Wichtig war für mich an der Stelle ohnehin
hauptsächlich
GUIDE5, der "Sternatlas", den ich bei meinen Beobachtungen verwende. Wenn
Sie HIER klicken, erhalten sie einen Eindruck von der dann
benutzten
Oberfläche in Form eines Bildschirmschnappschusses.
Eine typische Beobachtung
Bei der Beobachtung werden folgende Schritte nötig, um mit der
Fernbedienung
Bilder aufzunehmen:
-
Beider Computer werden unter dem Betriebssystem LinuX gestartet.
-
In der Sternwarte wird zunächst der DOS Emulator lokal ohne X11
Unterstützung
gestartet. Danach wird das Teleskop ungefähr auf das
gewünschte
Objekt ausgerichtet und die Kamera wird komplett eingestellt (Fokus,
Kühlung
usw.).
-
Dunkelbild und Flatfield werden für verschiedene Belichtungszeiten
aufgenommen (nur diese Belichtungszeiten können später
benutzt
werden). Dunkelbilder und Flatfields werden auf der Festplatte
gespeichert.
-
Die Steuersoftware und der lokale DOS Emulator werden beendet, ohne die
Kamerakühlung abzuschalten!
-
Weiter geht es im Wohnzimmer: Guide wird gestartet, das Login auf dem
Sternwartenrechner
wird ausgeführt, der DOS Emulator mit X11-Unterstützung wird
gestartet, die Kamerasoftware wird ebenfalls gestartet.
-
Mit einem kurz belichteten Bild im Fokussiermodus wird im Guide die
genaue
Position des Teleskops festgestellt. Die Distanz zum gewünschten
Objekt
wird ausgemessen und die Kamerasteuerung wird über den
Nachführausgang,
der mit dem Handsteuergerät der Super Polaris DX verbunden ist,
dazu
angewiesen, das Teleskop für jeweils eine Sekunde in Deklination
und
Rektaszension zu bewegen. Die Entfernung zur vorherigen Position wird
gemessen.
Nun wird die Entfernung zum Objekt erneut gemessen und mit der
ermittelten
"Geschwindigkeit" der Montierung wird das Teleskop an die
gewünschte
Position "gefahren". Diese Methode klingt zwar abenteuerlich,
funktioniert
aber in der Praxis ausreichend gut.
-
Nun wird die Kamera für die eigentliche Aufnahme vorbereitet, d.h.
Belichtungzeit und Modus werden festgelegt. Danach wird das passende
Dunkelbild
ins Kamerasteuergerät geladen und die Aufnahme kann beginnen.
-
Nach Ende der Aufnahme muß zum Wechsel des Objekts die Kamera
wieder
lokal bedient werden. Dazu darf man nur nicht vergessen, die
Steuersoftware
und den DOS Emulator zu beenden (natürlich ohne die Kühlung
der
Kamera abzuschalten). Wie beim Highlander kann es nur EINEN laufenden
Emulator
geben, der die Hardware nutzen kann - entweder lokal oder via X11.
-
Nun kann alles wie oben beschrieben in der Sternwarte für das
nächste
Objekt vorbereitet werden und die Schritte ab dem 5. Punkt werden
wiederholt.
Falls Sie Fragen zu diesem Setup haben, können Sie mich gerne per
Mail ansprechen. Übrigens wurde das Bild des Dumbell Nebels auf
der
First Light Seite mit dieser Methode
aufgenommen.
Ausblick
Da mich die Benutzung des Emulators nicht unbedingt begeistert hat
(schließlich
benötigt man dazu immer noch ein DOS auf der Platte), ist XCCD
entstanden.
Da XCCD eine X11-Anwendung ist, die direkt unter Linux ausgeführt
wird, bietet diese Software den gleichen Funktionsumfang auf einem
reinen
LinuX-Rechner.
Mehr Informationen zu XCCD gibt es
hier.
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